700 Jahre Klein Wiershausen
von Josef Einhellig

 

Wo liegt Kleín Wiershausen

Klein Wiershausen liegt in einer Talmulde die sich vom Seesebühl (448 m NN) bei Varmissen, in das Leinetal bei Olenhusen erstreckt. Am Osthang des Seesebühl entspringt der Flötegraben (Dieser Name ist aus der geologischen Literatur. In anderen Karten wird der Graben als „Schleegraben“ bezeichnet) der südlich an Klein Wiershausen vorbei fließt, dann durch Settmarshausen (Beeke) und in Olenhusen durch den Grundbach verstärkt, in Rosdorf in die Rase mündet. Klein Wiershausen liegt 300 m über NN. Unser Ort liegt ungefähr 9 Kilometer von der Stadtgrenze zu Göttingen und damit zur Autobahn A7. Die Stadt Dransfeld ist 8 Kilometer entfernt. Beide Städte sind schnell über die Bundesstraße 3, die 500 Meter nördlich, versteckt durch einen Bergrücken, an Klein Wiershausen vorbei führt. Der Ort der Gemeindeverwaltung, Rosdorf, ist nach sechs Kilometern in östlicher Richtung auf der Kreisstraße 34 zu erreichen.

Gründung des Ortes

Klein Wiershausen wurde um die 1. Jahrtausendwende gegründet. Dies ist aus der Ortsnamenendung „-hausen“ zu erkennen. Während die älteren Orte mit der Endung „-hausen“ schon um 800 n. Chr. in günstigen Lagen entstanden sind, wurden die „-hausen“- Orte die ungünstigere Voraussetzungen hatten (Boden, Wasser, Wege) erst bis zu einigen hundert Jahren später gegründet. Ein Fund aus der Jungsteinzeit zeigt, dass unsere Umgebung zumindest für die Jagd besucht wurde. Im Jahre 1989 wurde auf einem Feld nördlich der Heerstraße eine jungsteinzeitliche Pfeilspitze gefunden.

Mittelalterliche Urkunde

Als maßgebliches Gründungsjahr für einen Ort gilt aber immer die erste urkundliche Erwähnung des Ortes. Ein solches Dokument, aus dem Jahre 1303, befindet sich im Staatsarchiv Würzburg. Es besagt, dass Margareta,  Äbtissin des Stiftes Gandersheim, drei Hufen Land (ca. 90 Morgen), das der Ritter Friedrich von Rosdorf zu Lehen hatte, an den Erzbischof von Mainz übergeben wurden. Der Erzbischof Gerhard aus Mainz hat im Gegenzug, der Äbtissin den Zehnten des Dorfes Billerbeck abgetreten. Am 8. Mai 1303 wurde diese Urkunde ausgefertigt. Ein weiteres Dokument aus dem gleichen Jahr liegt im Niedersächsischen Staatsarchiv Wolfenbüttel. Es ist auf den 20. Mai des Jahres 1303 datiert und beschreibt denselben Vorgang. Zumindest seit diesem Jahr besteht unser Dorf. Damit ist unser Dorf im Jahre 2003, 700 Jahre alt. Ein weiteres Dokument befindet sich im Göttinger Stadtarchiv. Es besagt, dass im Jahre 1334 ein Klein Wiershäuser als Bürger in die Stadt Göttingen aufgenommen wurde. Die Jühnder Herren übten das vollständige Ober- und Untergericht über Klein Wiershausen aus. Die Gerichtsbarkeit ist in Jühnde schon seit 1355 bezeugt. Wie lange jedoch Klein Wiershausen zu diesem Gericht gehörte ist noch nicht klar.

Nach der Reformation

Der erste Grote in Jühnde war Otto. Er erwarb Klein Wiershausen am 6. Februar 1674. Er kaufte Klein Wiershausen, das bis dahin zu den Calenbergischen Lehen und früher schon einmal zu Jühnde gehörte mit anderen Dörfern zurück, mit denen er dann auch belehnt wurde (vergl. Jünemann S. 135). Um 1700 war Klein Wiershausen eng mit dem Gericht Jühnde verknüpft und wurde auch von dort aus verwaltet. Das Dorf zählte seit je her zum Amt Münden (nicht zum Amt Göttingen), dies ist auch noch an den Grenzsteinen in der Feldmark zwischen Klein Wiershausen und Settmarshausen, Grone und Ossenfeld zu erkennen. Während auf der einen Seite die Zeichen für das Amt Göttingen angebracht sind, sind auf der anderen Seite der Steine die Zeichen für das Amt Münden zu sehen. Aus den Kriminalakten des Jahres 1726 geht hervor, dass ein Zigeuner, namens Johann Friedrich, der einen seiner Weggefährten erschossen hatte, verhaftet und ohne vorherige Untersuchung gefesselt durch die Varmisser und Bördeler Feldmark nach Jühnde gebracht worden ist. Er ist dann mit dem Schwert vom Leben zum Tode gebracht worden. (vergl. J. Jünemann: „Tausendjähriges Jühnde“ S. 45). Um 1784 (Karte der Hannover‘schen Landesaufnahme) wurde Klein Wiershausen als selbständiges Gericht neben den bekannten Gerichten „Leineberg“ oder „Gleichen“ aufgeführt. In dieser Zeit bestand Klein Wiershausen aus 14 Herdstellen. Es wurde erst später (1830) dem Gericht (Patrimonialgericht) Jühnde zugeordnet. Im Jahre 1783 wurde auch die Chaussee Göttingen - Münden fertig gestellt, die vorherige Verbindung war die Heeresstraße Göttingen - Münden, die auf dem nördlichen Bergrücken etwa 300 Meter an Klein Wiershausen vorbei führt. Dieser Nähe zur Heeresstraße verdankt Klein Wiershausen die trutzige Wehrkirche, die es den Bewohnern ermöglichte, sich bei herannahenden Gefahren hinter den dicken Mauern zu verschanzen [Siehe Doktorarbeit zu den „zweistöckigen Kapellenbauten ...“]

Entwicklung der Eisenbahn

Die Eisenbahn wurde durch die Gemeinde Klein Wiershausen, am Rischenkrug vorbei, gebaut. Sie verband Göttingen mit Hannoversch Münden über Groß-Ellershausen und Dransfeld. Diese Strecke war vom Bau 1856 an (Eröffnung 8.5.1856), die einzige Nord-Süd-Strecke, die Verbindung Hamburg - München. Obwohl die auch zur Debatte stehende Variante Göttingen-Witzenhausen-Münden günstigere Terrainverhältnisse bot, wurde anders entschieden, da zwischen Friedland und Hedemünden durch das „ausländische Hessen“ gefahren werden musste. „Erst nach dem Krieg von 1866 und der Annektion des Königreiches Hannover und Kurhessens durch das siegreiche Preußen kam auch diese Bahn zustande (1.8.1867 bzw. 13.3.1872)“ [Vergl. Göttinger Monatsblätter März 1984 Nr. 122 S. 10]. Mehrere Klein Wiershäuser waren bei der Reichs- und später Bundesbahn beschäftigt. Durch die stetige Steigung der Strecke nach Dransfeld, konnte der Zug durch Klein Wiershäuser Gebiet nur sehr langsam fahren. Dadurch konnten die Klein Wiershäuser Bahnbediensteten während der Fahrt aussteigen und nach Hause gehen. Beim Rischenkrug war eine Bahnschranke und ein Bahnwärterhäuschen. (Familie Grütz hat darin gewohnt) 1978 wurde die Eisenbahn nach Dransfeld stillgelegt und danach demontiert. Im September 2000 wurde auf der früheren Bahntrasse bis zur B3 der Fahrradweg mit einer festen Betondecke erstellt.

Die Eingemeindung,  politische Vertretung und Verwaltung

Bis zur Verwaltungsreform in Niedersachsen am 1.1.1973 war Klein Wiershausen eine eigenständige Gemeinde. Erst seit November 1996 gibt es hier wieder einen gewählten Ortsrat. Schon im Juli 1970 gab der Gemeinderat von Klein Wiershausen seine Zustimmung zur Eingemeindung in die Großgemeinde Rosdorf. Die letzte Gemeinderatssitzung fand am 29. Dezember 1972 statt. Einen eigenen Gemeinderat und Bürgermeister mit eigener Verwaltung, gab es fortan in Klein Wiershausen nicht mehr. Zur Vertretung der Verwaltung wurden Ortsvorsteher eingesetzt. Die jeweilige Partei, die bei den Gemeinderatswahlen die meisten Stimmen im Ort erhielt, war berechtigt, den Ortsvorsteher vorzuschlagen, der dann vom Gemeinderat der Gemeinde Rosdorf gewählt wurde. Im März 1973 wurde Gerhard Schätze (SPD), zum Ortsvorsteher bestellt, der die Verwaltung in Klein Wiershausen vertrat. Gerhard Schätze wurde 1976 wieder gewählt und behielt dieses Amt bis 1981, als er von Fritz Wedemeier (CDU) abgelöst wurde. 1986 wurde Fritz Wedemeier in seinem Amt bestätigt und führte dieses bis 1991 aus. Im Oktober 1991 wurde Josef Einhellig (SPD) gewählt. Mit der neuen niedersächsischen Gemeindeordung, die unter anderem die „eingleisigen“ Bürgermeister einführte, wurde der Ortschaft Klein Wiershausen, vom Gemeinderat in Rosdorf, ein eigener Ortsrat zugebilligt. Nach den Gemeinderatswahlen im September 1996, wurde Josef Einhellig (SPD), vom Ortsrat zum ersten Ortsbürgermeister gewählt.

Infrastruktur

Klein Wiershausen hatte in der Geschichte sehr oft Probleme mit der Wasserversorgung. Während früher eher Wasserknappheit, aber auch oberirdische Verschmutzung der Grund war, trat in den achtziger Jahren eine gefährliche Erhöhung der Nitratwerte auf. Der seit 1961 benutzte Tiefbrunnen bei Rischenkrug konnte nicht mehr sauberes Wasser liefern. Abhilfe brachte der Anschluss an den Hochbehälter „Schiefer Berg“. Seit 30. November 1992, nachdem die Leitungen zum Hochbehälter in Klein Wiershausen fertig gestellt wurden, wird das Wasser aus den Brunnenanlagen in Tiefenbrunn in unser Dorf gepumpt.

Mitte der achtziger Jahre wurde auch mit dem Ausbau der Wegelange begonnen, die 1987 fertig gestellt wurde. Diese Verbindung des Ortes mit der B 3 wurde sehr breit ausgebaut und führte zu einer starken Zunahme des Verkehrs. Mit der Fertigstellung der Bebauung am Hohlweg, konnte 1996 auch der östliche Teil des Hohlweges neu ausgebaut und geteert werden. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die Verbindung des Gehweges vom Lerchenfeld bis zur Südostecke des Hohlweges angelegt. Die Stichstraße in Richtung Kellberg wurde schmal angelegt, dadurch entstand Platz für eine Boulebahn. Am Lerchenfeld wurde 2001 eine Verkehrsberuhigung fertig gestellt. Das ganze Siedlungsgebiet wurde in einen Verkehrsberuhigten Bereich mit Tempo 30 eingeteilt.

Poststelle

Ende März 1975 wurde in Klein Wiershausen die Poststelle geschlossen. Die bisherige Poststellenleiterin, Frau Herta Nolte trat daraufhin am 01.04.1975 ihren Dienst in der Post in Rosdorf an.

Wirtschaftliche Entwicklung

In erster Linie sind die Klein Wiershäuser Arbeitnehmer, Pendler nach Göttingen. Die Klein Wiershäuser legen Wert auf die Feststellung, dass die Arbeit in Göttingen nur eine Unterbrechung ihrer Aktivität im Dorf ist. Eine Reihe von Betrieben sind aber auch in Klein Wiershausen ansässig geworden. Dabei ist zuerst die Gastwirtschaft Nolte zu erwähnen. Folgende weitere Betriebe sind in Klein Wiershausen tätig: Nebenerwerbslandwirte, der Schafzuchtbetrieb von Dieter Müller, die Baumschule Wellhausen. und Süßwaren Drolshagen. Weitere Betriebe haben sich in Klein Wiershausen nieder gelassen: „Feinwein“ Internationale Spezialitäten, Import Australischer Waren „Australian Food“ (Fleisch, Wein, Kleidung),   Ingenierbüro Ißleiber für EDV, Systemhaus „Cohrs EDV“.

Die bauliche Entwicklung und Bevölkerungsentwicklung

Klein Wiershausen besteht aus einem alten Dorfkern mit jetzt noch elf Familien an der Dorfstraße entlang. Diese Familien übten im wesentlichen die Landwirtschaft als Haupt- und Nebenerwerb aus. In der Nachkriegszeit entstanden dazu noch drei weitere Häuser (Schätze, Rehmet, Schlegel), deren Bewohner handwerklich orientiert oder im Handel tätig waren.. Anschließend wurden an der Wegelange noch drei Häuser gebaut (Schlegel, Sagasser, Fricke (jetzt Karcher).  Anfang der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts wurde das Dorf nach Norden erweitert. Ein Bebauungsgebiet am Hohlweg/Lerchenfeld wurde erschlossen. Fünf Mehrfamilienhäuser und auch Einfamilienhäuser wurden am Hohlweg errichtet. Die weitere Bebauung erstreckte sich zum Lerchenfeld. Der Zuwachs der Bevölkerung begann mit der Erschließung des Siedlungsgebietes im Hohlweg und Lerchenfeld.  Dabei wurde von den Einwohnern immer Wert auf ein Zusammenwachsen des Dorfes gelegt. Bis zur Mitte der siebziger Jahre war die Bebauung dieses Bereiches fast abgeschlossen und brachte für Klein Wiershausen eine Verdoppelung der Bevölkerung auf über 220 Einwohner. Anfang der 90er Jahre wurde die Siedlung im Bereich des östlichen Hohlweg erweitert, die dann weiteren neun Familien Wohnraum bot. Die neuerliche Erweiterung, die 2003 begonnen wird umfasst  ca. zehn Wohneinheiten.  Im Mai 2003 hat Klein Wiershausen 243 Einwohner.

Vereine

Die Klein Wiershäuser verstärken maßgeblich einige Settmarshäuser Vereine, wie Schützenverein, Sportverein, Feuerwehr Settmarshausen/ Klein Wiershausen, Kegelclub Montagskegler. Ein besonderer Entwicklungsschub ging von der Gründung der „Interessengemeinschaft „Schönes Klein Wiershausen“, im Dezember 1975, aus. Diese Interessengemeinschaft initiierte auch den Bau der Friedhofskapelle, die 1982 eingeweiht wurde. Die Interessengemeinschaft ist ein Verein, der alle Aktivitäten im Dorf möglich macht. Kulturelle, sportliche, gesellschaftliche und ortsbildpflegerische Veranstaltungen tragen zu einem aktiven Dorfleben bei. So sind auch die Veranstaltungen auch für Nichtmitglieder der Interessengemeinschaft offen. Als Leitlinie steht als Vereinszweck in der Satzung: „ ... eine schönere Umwelt zu schaffen und durch gemeinschaftliches Handeln einen schönen Nachbarschaftsgeist innerhalb des Ortes zu pflegen.“ Daraus entwickelte sich das alljährliche Nachbarschaftsfest. Immer noch steigende Mitgliederzahlen zeigen die Beliebtheit dieses Vereins. Viele Preise beim Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“, zeigen auch eine erfolgreiche Arbeit.

Jugendarbeit

Die Bestellung eines Jugendpflegers im September 1994, hat im Dorf Jugendarbeit außerhalb von Vereinen erst möglich gemacht. Die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten für die Jugend verlief ergebnislos. Die Aufstellung eines Eisenbahnwaggons war eine Lösung, mit der alle zufrieden waren. Nach der Einweihung dieses neuen Domizils für die Jugend am 25. Oktober 1996 konnten dort die Treffs stattfinden.

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